Elfennacht Bd. 1 - Die siebte Tochter by Frewin Jones

Elfennacht Bd. 1 - Die siebte Tochter by Frewin Jones

Autor:Frewin Jones
Die sprache: de
Format: mobi, epub
Herausgeber: Ravensburger Buchverlag
veröffentlicht: 2012-08-09T13:46:21+00:00


TITANIA. GELIEBTE EHEFRAU.

GELIEBTE MUTTER. GELIEBTE KÖNIGIN.

Jetzt wusste sie, worum es sich bei diesem allein stehenden Gebäude handelte: Es war das Mausoleum, von dem ihr Sancha und Zara in Mistress Mirrlees Atelier erzählt hatten. Das große Mausoleum, das der König im Andenken an seine Frau errichtet hatte. Das leere Grabmal der Frau, die in dieser Traumwelt Anitas tote Mutter war.

Bebend betrat Anita das stille Gebäude. Direkt vor ihr stand eine lebensgroße Frauenstatue, die so bemalt war, dass sie fast lebendig wirkte.

Die Skulptur trug ein langes hellblaues Kleid. Die Frau lächelte und hatte einladend die Arme ausgebreitet. Ihr Gesicht war herzförmig mit einem breiten Mund und hohen, schräg stehenden Wangenknochen und ihre Augen waren grün. Auf ihrem langen roten Haar saß eine mit Edelsteinen besetzte Kristallkrone.

Anita ging näher heran, betrachtete das vertraute Gesicht und blickte in die Augen.

Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus.

Die Zeit blieb stehen.

Die Augen hatten kleine goldene Sprenkel auf der der Iris.

»Nein!«

Anita wich zurück.

Ihr fiel plötzlich wieder ein, was Oberon an jenem ersten Tag auf dem Boot zu ihr gesagt hatte: »Du bist noch genau so, wie ich dich in Erinnerung habe – das Ebenbild deiner Mutter.«

Das Gesicht der Statue hätte ihr eigenes sein können.

»Das ist total verrückt!«, rief Anita und die Worte hallten im Inneren des Mausoleums wieder. Verrückt. Verrückt. Verrückt. »Ich bin nicht deine Tochter!« Tochter. Tochter. Tochter.

Panisch drehte sie sich um und rannte von der Statue weg – sie wollte nicht länger in dieses Gesicht blicken.

Doch plötzlich gab der Boden unter ihr nach und ihr Fuß fand keinen Halt mehr. Sie bemerkte zu spät, dass sie am oberen Absatz der langen Marmortreppe angelangt war und stürzte die Stufen hinunter.

In ihrem Kopf dröhnte es. Schulter und Rippen taten ihr weh und das rechte Bein schmerzte heftig.

Hinter ihren geschlossenen Lidern war es hell.

Sie stöhnte. Der Schmerz war echt, daran gab es keinen Zweifel – so echt wie der Schmerz, den sie gespürt hatte, als sie nach dem Unfall auf der Themse zum ersten Mal aufgewacht war.

»Na endlich!« Sie zwang sich, die Augen zu öffnen, da sie davon überzeugt im Krankenhaus aufzuwachen.

Über ihr jedoch befand sich ein wolkenloser blauer Himmel und unter ihren Fingern spürte sie Gras.

»Oh nein! Bitte nicht!«

»Pst, meine Schwester«, erklang eine sanfte Stimme und ein Gesicht tauchte vor Anita auf. Sie erkannte Hopie, die sich über sie beugte, sodass das braune Haar ihr ins Gesicht fiel. Sie legte eine kühle Hand auf Anitas Stirn.

Anita schlug die Hände vors Gesicht. »Ich bin ja immer noch hier«, sagte sie leise. »Wie ist das möglich?«

»Ist sie schwer verletzt?« Das war Cordelia.

»Sie hat sich nichts gebrochen«, sagte Hopie. »Das war ein schwerer Sturz, aber es hätte schlimmer kommen können. Was hat sie hier gemacht?«

»Das weiß ich nicht«, sagte Cordelia. »Sie ist einfach losgerannt. Ich bin ihr gefolgt, aber sie ist wie eine Wilde immer weiter und weiter gelaufen. Die Hunde haben sie dann hier am Fuß der Treppe gefunden. Sie war ohnmächtig, also habe ich ihr die Hunde zum Schutz dagelassen und dich geholt.«

»Tania? Kannst du aufstehen?«

»Lasst mich in Ruhe«, stöhnte Anita.



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